Gewaltfreie Kommunikation und EFT – eine gute Kombi?

Seit Jahren erfahren wir in unserer EFT-Praxis, dass Paare, die in gewaltfreier Kommunikation (GFK) geübt sind, in der EFT-Therapie schnellere Fortschritt machen als vergleichbare Paare ohne diese Erfahrung. Am größten ist der Unterschied, wenn einen oder beiden Partnern schwerfällt, Gefühle zu spüren und zu benennen.

GFK und EFT sind eine Superkombi, weil sie beide eine klientenzentrierte, humanistische, dyadische Herangehensweise und einen Fokus auf Emotionen und auf das klare, kritikfreie Äußern von Bedürfnissen haben.
Gleichzeitig sind sie komplementär – da, wo GFK bei Bindung und toxischen Mustern aufhört und EFT anfängt.

Wir empfehlen deswegen Klient*innen oft, als Unterstützung ihrer EFT-Therapie ein (am besten 5-tägiges) GFK-Einführungsseminar zu besuchen und sich in gewaltfreier Kommunikation zu üben. In Hannover und Umgebung gibt es dazu z.B. folgende Möglichkeiten:

Nach der Teilnahme an einem Einführungsseminar ist es möglich, sich in Übungsgruppen die GFK-Techniken anzueignen, die empathische Haltung weiter zu vertiefen und ggf. ein persönliches Problem zu behandeln – siehe z.B. https://www.gewaltfrei-hannover.de/uebungsgruppen/

Warum passen GFK und EFT so gut zusammen? 

Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation entstand in den frühen 1960er Jahren und steht in der Tradition der klientenzentrierten, humanistischen Psychotherapie nach Carl Rogers. Die Grundlage für verbindende, lebendige, nährende Kommunikation steht und fällt laut des GFK-Begründers Marshall Rosenberg mit Empathie. Empathie ist die Fähigkeit, sich in sich selbst und in andere hineinzufühlen, emotional da zu sein und sie mit ihren Gefühlen nicht alleine zu lassen.

In GFK werden folgende Schritte benutzt, um eine empathische, einfühlende Haltung zu entwickeln:

  1. Beobachtung von bewertenden Gedanken trennen;
  2. Wahrnehmung von Gefühlen;
  3. Erkennen von Bedürfnissen und Trennung dieser von Wünschen;
  4. Expression klarer Bitten, die mit Gefühlen und Bedürfnissen in Verbindung stehen.

Diese klaren Bitten werden meistens in Dyaden geübt. Wenn ein Paar mit GFK übt und sich darüber austauscht, dass ein Partner viel später als vereinbart nach Hause gekommen ist, könnte solch eine Bitte sich so anhören: „Das macht mich jetzt sehr traurig, weil ich sehr gerne mit dir zusammen bin. Kannst du mich irgendwie spüren lassen, dass du verstehst, wie ich mich fühle?“

Nicht jeder findet zurück in eine empathische Haltung. Nach dem ersten Kennenlernen und Üben gibt es Menschen, die feststellen, dass sie sich dem nicht anpassen können und die Haltung „Mit mir ist alles okay, andere sind halt das Problem.“ besser zu ihrem eigenen Selbstbild passt.

Hier gibt es gleich vier Gründe, warum GFK und EFT so gut zusammen passen:

  1. Auch EFT hat die humanistische Haltung und Carl Rogers Ansatz als Basis. In der EFT wird nicht pathologisiert, sondern das natürliche Streben des Menschen nach Wachstum und Gesundheit gefördert und dessen existenziellen Dilemmata respektiert.
  2. EFT fokussiert auch auf das im Hier-und-Jetzt Erleben von Gefühlen und Bedürfnissen. Sie zielt ab auf Wachstum durch neue, emotional geladene Begegnungen mit Lieblingsmenschen, bei Paaren, in Familien und zwischen Freunden.
  3. Im Zentrum von EFT stehen dyadische Beziehungen – zwischen zwei Partnern, zwei Familienmitgliedern oder einer Einzelperson und seinen Lieblingsmenschen. Das Hervorheben davon, wie Dyaden sich gegenseitig bedingen, sich in toxische Muster verfangen und heilende Muster gestalten, formt das Grundgerüst des EFT-Prozesses.
  4. Auch der EFT-Prozess steht oder fällt mit der Entscheidung „Ja, ich spüre, dass Liebe wichtig ist und dass, nur wenn wir uns mit schwierigen Gefühlen nicht alleine lassen, wir es als Liebespaar oder Familie schaffen werden.“ Unsere Erfahrung ist, dass wenn ein Paar diese Entscheidung trifft und es für diese Liebe noch nicht zu spät, die Partner es schaffen, ihre Liebe neu zu gestalten.

Wo liegt der Unterschied zwischen GFK und EFT?

Der große Unterschied zwischen GFK und EFT nach Sue Johnson ist, dass EFT bindungsbasiert ist und GFK nicht. In GFK wird mit Paar- und Familienbeziehungen genau so umgegangen, wie z.B. zwischen Kolleg*innen (*). Gleichzeitig hat die Bindungswissenschaft gezeigt, dass Beziehungen mit Lieblingsmenschen wirklich anders sind als andere Beziehungen. Obwohl wir uns dessen oft nicht bewusst sind, sind Bindungsbeziehungen für uns dermaßen wichtig, dass unser Gehirn schneller sein Gleichgewicht verliert und wir uns in Angriff oder Verteidigung, in Kampf oder Flucht verlieren.

Die empathische Haltung, die wir mit GFK gelernt haben, fühlt sich für unser Gehirn nicht wirklich geeignet an, wenn wir das Gefühl bekommen, dass unser Partner wie ein Säbelzahntiger auf uns zukommt oder wie ein Zombie unserer Bitte nach Kontakt ausweicht. Dazu kommt, dass Strategien, die wir in unserer Kindheit erlernen mussten, um mit unserer Rolle als Geschwisterteil, Kind und Enkel klarzukommen, ziemlich „klebrig“ sein können. Jeder von uns hat wunde Punkte und Schatten aus der persönlichen Vergangenheit.

„Auf unserem letzten GFK-Seminar gab es ein Paar, das hat die vier Schritte der GFK gelernt, diese geübt und am Ende eigentlich nur dazu benutzt, um einander zu kritisieren.“

GFK-Trainer

In EFT gehen wir von der gefühlten Realität der Klient*innen aus und als EFT-Therapeut*in versuchen wir, uns emotional in unsere Klient*innen hinein zu versetzen, ohne dabei den Partner abzuwerten oder ihn zu beschämen. Wenn Klient*innen sich in ihren furchtbaren Gefühlen und existenziellen Bedrohungen gehört und verstanden fühlen, hilft ihnen dies, sich zu koregulieren. Aus diesem zurück erlangten, emotionalen Gleichgewicht und der empathischen Haltung heraus, haben die Klient*innen dann die Möglichkeit in ihrer Verletzlichkeit aufeinander zuzugehen, einstimmig zu reagieren und damit neue, emotional geladene, korrektive Erfahrungen zu machen.

Ein Ausschnitt aus Sue Johnsons Sitzung mit Matt und Rhea als Beispiel:

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Ohne die vorübergehende Unterstützung einer Berater*in oder Therapeut*in, als Paar oder Familie in Not einen EFT-Prozess zu gestalten, ist möglich, aber kann sehr herausfordernd sein. Wahrscheinlich ist das auch der Grund dafür, dass es neben den „Hold Me Tight“ EFT-Paarseminaren keine Übungsgruppen gibt, so wie bei der gewaltfreien Kommunikation.

GFK und EFT – eine Superkombi

Sie beide haben eine klientenzentrierte, humanistische, dyadische Herangehensweise und einen Fokus auf Emotionen und auf das klare, kritikfreie Äußern von Bedürfnissen. Gleichzeitig sind sie komplementär – da, wo GFK bei Bindung und toxischen Mustern aufhört und EFT anfängt.

(*) Natürlich gibt es Ausflüge aus der GFK in Richtung Paarberatung, z. B. im lesenswerten Buch „Ich höre was, das du nicht sagst: Gewaltfreie Kommunikation in der Beziehung“, Susann Pásztor & Klaus-Dieter Gens, Junfermann.

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