Was ist dein Schmerz? – ein Must-Read?

Für die »Töchter« in meinem Leben, die glaubten, gebrochene Flügel zu haben. Meine Hoffnung ist, dass ihr nicht nur fliegt, sondern euch auch in die Höhe schwingt.

Oprah Winfrey

Mithilfe eines Gesprächs zwischen der Talkshow-Präsentatorin Oprah Winfrey und dem Kinderpsychiater und Hirnforscher Bruce Perry berichtet das Buch „Was ist dein Schmerz?“ darüber, wie belastende Erfahrungen uns prägen und wie Verbindungen die Grundlage für Wachstum sind. Folgend einige der Lektionen, die dieses Buch so lesenswert machen:

  1. Unser Gehirn tut angesichts dessen, was wir durchgemacht haben, genau das, was man erwarten würde. Doch das, was einst adaptiv war, kann nun maladaptiv sein. Eine Diagnose, wie Depression oder Angststörung, sagt also „Du hast in schwierigen Umständen überlebt. Du kannst stolz auf dich sein.“ Mehr dazu auf diese Seite. In EFT ist diese nicht-pathologisierenden, humanistischen Haltung unsere Grundlage. Klient*innen entdecken den Sinn in ihrem Verhalten, dem ihres Partners und ihrer Kinder. Dieses Verstehen bringt Entspannung. Gefühle werden greifbarer und es wird einfacher, auch in der Mitte eines emotionalen Sturms das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Der Fokus liegt auf neuen emotionalen Erfahrungen und darauf, im Hier-und-Jetzt aufeinander zuzugehen und eingestimmt zu reagieren.
  2. Wie sich eine belastende Erfahrung auf uns auswirkt, hängt vom Zeitpunkt der Erfahrung ab. Ein Kind, das nach der Geburt und in den ersten zwei Monaten wirklich schlechte Erfahrungen gemacht hat, wird es deutlich schwerer im Leben haben als ein Kind, dem es die ersten zwei Monate gut ging und das dann zwölf Jahre schlechte Erfahrungen erlebt – alles wegen des Zeitpunkts der Erfahrung. Eine EFT-Therapeut*in ist eingestimmt und neugierig und braucht die Hilfe ihrer Klient*innen. Nur Sie als Klient*in wissen, wie die Realität sich für Sie anfühlt und wie diese aussieht.
  3. Die westliche Psychiatrie trennt gerne Probleme wie Depressionen, Schlafprobleme, Drogenmissbrauch und Traumata. Sie übersieht dabei jedoch deren wahren Kern. Sie jagt oft Symptome, anstatt Menschen zu heilen. Ein Kernelement indigener Heilpraktiken dagegen nutzt die Kraft von Beziehungen und das Gefühl familiärer Bindung. EFT ist bindungsbasiert und sieht funktionierende Koregulation mit Bezugspersonen als einen Schlüssel zu Heilung und mentaler Gesundheit.
  4. Bestimmte Teile des Gehirns reagieren äußerst empfindlich auf nonverbale Beziehungshinweise. Im letzten Jahrhundert war das Idealbild einer Liebesbeziehung das vernünftige Zusammenleben von zwei Erwachsenen. Inzwischen wissen wir, dass auch bei Erwachsenen massive Bindungs- und Verlustgefühle ausgelöst werden, wenn die Verbundenheit in Gefahr ist oder verloren geht. Eine EFT-Therapeut*in wird Sie unterstützen, die verborgene Bindungsbotschaft hinter Ihrem eigenen Verhalten und dem Ihres Partners wahrzunehmen und in ein neues, Verbundenheit stärkendes Miteinander zu bringen.
  5. Die Unfähigkeit, wirklich präsent zu sein, wirkt sich toxisch auf die gesunde Entwicklung und Beziehungen aus. Nicht wirklich präsent zu sein, sendet die Botschaft, du bist nicht wichtig genug oder nicht gut genug. Sue Johnson zitiert oft Robert Karens Worte: „In der Liebe müssen Sie nicht reich oder schlau oder talentiert oder lustig sein. Sie müssen einfach nur da sein.“ Wir brauchen erst mal keine Lösungen, Ratschläge, schnelle Umarmungen oder „auf Regen kommt Sonnenschein“. Als Kind oder als Partner bedürfen wir zunächst die Präsenz unseres Gegenübers mit offenem, warmem, mitfühlendem Herzen – damit wir mit unseren Gefühlen nicht alleine bleiben.
  6. Unser Verstand versucht immer, das Weltbild aufrechtzuerhalten, das wir früh in unserem Leben entwickelt haben. Wir werden von dem angezogen, womit wir aufgewachsen sind. Klient*innen sind oft erstaunt, wie ihre Gefühle und ihr Verhalten sie wiederholt in ähnlich belastende Situationen zurückführt. Oder wie eine Klient*in es mal gesagt hat: „Besser alte bekannte Scheiße als eine unsichere Chance auf Glück.“ Eine EFT-Therapeut*in wird mit Ihnen erforschen, wie Sie und Ihr Partner einander bedingen und ob und wie Sie damit belastende Situationen reinszenieren. Eine EFT-Therapie unterstützt Sie dabei, diesen Mustern zu entkommen, durch das reaktive Verhalten hindurch zu tauchen, mit verletzlichen Gefühlen aufeinander zuzugehen und eingestimmt darauf zu reagieren.
  7. Ohne ein gewisses Maß an Regulation ist es schwierig, zu jemandem eine Beziehung aufzubauen – und ohne eine Beziehung lässt sich kaum vernünftig miteinander reden. Auch in der EFT folgen wir dem Motto: „Connect before Correct“ – sei da, suche die Verbundenheit und rede dann erst über Lösungen.
  8. Ein wichtiger Aspekt der Frage „Was ist dir passiert?“ ist die Frage „Was ist dir nicht passiert, was hat dir gefehlt?“ – Welche Aufmerksamkeit, Fürsorge, Berührungen, Bestärkung – im Grunde, welche Liebe – hast du nicht bekommen? EFT arbeitet mit Beziehungsbildern, Bindungssehnsüchten und empathischen Vermutungen, um Klient*innen eine Chance zu geben, das, was sie in der Kindheit nicht erfahren haben, jetzt in diese Beziehung zu integrieren.
  9. Die gute Nachricht ist, dass unser Gehirn ein Leben lang formbar bleibt. Wir können uns ändern. Der Schlüssel ist der, die Muster zu erkennen und mit Geduld und Verständnis neue Erfahrungen zu sammeln. In der EFT-Therapie wird eine bessere Alternative für eingeprägte Beziehungsmuster entwickelt – ein neuer „Standard“. Manchmal entsteht dies schnell in nur wenigen Sitzungen, oft braucht es aber Zeit und Wiederholung.
  10. Verbundenheit hat die Macht, belastende Erfahrungen auszugleichen. Unverbundenheit macht uns krank. Belastende Erfahrungen sind Teil unseres Lebens. Es fällt leichter, diese zu ertragen und zu verarbeiten, wenn jemand da ist, der mit uns fühlt und dessen Anwesenheit uns unterstützt, unser emotionales Gleichgewicht wiederzufinden. Das Ziel ist die Fähigkeit, als Partner emotional füreinander da zu sein und zu koregulieren. Ihre EFT-Therapeut*in unterstützt Sie auf dem Weg zu Beziehungen, in denen Sie sich gesehen, verstanden und geborgen fühlen.

Solange wir den anderen nicht wirklich verstehen, können wir nicht lieben.

Thich Nhat Hanh

Was ist dein Schmerz?“ wird Ihnen dabei helfen, sich selbst und Ihren Partner besser zu verstehen. Ein Buch, das neben Sue Johnsons „Halt mich fest“ nicht fehlen sollte.

Das Buch “What happened to you? Conversations on Trauma, Resilience, and Healing” von Bruce D. Perry und Oprah Winfrey ist 2021 bei Flatiron/Macmillan erschienen. Die deutsche Übersetzung „Was ist dein Schmerz? Gespräche über Trauma, seelische Verletzungen und Heilung“ von Ursula Pesch folgte im Oktober 2022 herausgegeben von Arkana/Penguin Random House.

Als Hörbuch:

https://www.audible.de/pd/Was-ist-dein-Schmerz-Hoerbuch/B0BJ38VV16

https://www.audible.de/pd/What-Happened-to-You-Hoerbuch/1250260639

Ich habe gerade „What Happened to You?“ mit Oprah Winfrey und Bruce Perry gehört  (auf deutsch Was ist dein Schmerz?”), und empfehle es jedem.
Es spiegelt wirklich die Wahrheit in EFT wider, passt zu ihr und erweitert sie. Es hat eine Fülle von Informationen und Weisheit.

Sue Johnson

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